Das Ausbildungsjahr in Niedersachsen hat bereits begonnen. Noch im Juli waren von 51.168 gemeldeten Lehrlingsstellen zuletzt 22.950 noch als unbesetzt registriert. Dazu passt der aktuelle Kurs der Landesregierung nicht, die Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen finanziell auslaufen zu lassen. Das Niedersächsische Kultusministerium hat vor Kurzem beschlossen, das seit 2017 befristete schuleigene Konzept der Berufsorientierung nicht zu verlängern. Dies ging aus einer kleinen Anfrage der CDU-Landtagsfraktion hervor. Bislang hat dieses Konzept geregelt, dass Lehrerinnen und Lehrern an allgemeinbildenden Schulen ein gewisses Zeitkontingent zur Verfügung steht, um Unterricht im Rahmen der Berufsorientierung zu geben. Diese rund 1.000 Anrechnungsstunden wurden vom Land Niedersachsen bis zum 31.07.2022 finanziert.
Der CDU-Landtagsabgeordnete & Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Südniedersachsen Christian Frölich hält die Entscheidung, die Finanzierung der Berufsorientierung auslaufen zu lassen, für einen fatalen Fehler: „In Sonntagsreden wird allzu gerne beschworen, die Ausbildungsberufe zu stärken. Solche Fehlentscheidungen stehen jedoch den Herausforderungen, vor denen wir stehen, diametral entgegen. Wir brauchen mehr junge Menschen in Ausbildungsberufen, gerade im Handwerk, wenn die Energie- und Klimawende sowie die Offensive für bezahlbaren Wohnraum nicht vor die Wand gefahren werden sollen.“
Dabei hatten sich SPD und Grüne in ihrem Koalitionsvertrag auf Seite 71 noch zu einer Stärkung der Berufsorientierung verpflichtet, wo es heißt: „Wir stärken die Berufsorientierung an berufsbildenden und an allgemeinbildenden Schulen, auch an Gymnasien.“ Vor diesem Hintergrund hält Frölich fest: „Wenn die Landesregierung den Fachkräftemangel in Ausbildungsberufen ernsthaft begegnen will, muss sie sich an ihre Ziele im Koalitionsvertrag halten. Wir werden als Gesellschaft nicht drum herumkommen, die Berufsorientierung allen voran in den allgemeinbildenden Schulen und dazu zählen für mich auch die Gymnasien (die zumindest in Südniedersachsen mittlerweile der Regelschule entsprechen) auszubauen.“
Zur Berufsorientierung zählt Frölich dabei nicht allein ein Konzept zur Berufsorientierung an jeder Schule und die Beschulung durch Lehrkräfte, sondern auch praktische Erfahrung im Werkunterricht ab der fünften, eine Potentialanalysen in der achten Klasse sowie verpflichtende Praktika spätestens in der neunten Klasse. Zusätzlich sollte die Jugendberufsagentur der Agentur für Arbeit eng mit den Schulen kooperieren und keine Schülerinnen und Schüler ihre allgemeinbildende Schule verlassen, ohne eine sichere Anschlussperspektive zu besitzen.